Sehr geehrter Herr Dr. Salomon,
wir beziehen uns auf Ihr Schreiben vom 10. Februar 2006, mit dem Sie auf die konkreten Vorschläge des Klimabündnis Freiburg reagierten.
Hintergrund unserer Vorschläge war die Tatsache, daß sich laut der Klimabilanz des IFEU-Instituts vom Dezember vergangenen Jahres die CO2-Gesamtemissionen aller Sektoren in Freiburg im Zeitraum 1992 bis 2003 um etwa fünf Prozent verringert haben. Den höchsten Beitrag zu dieser Minderung lieferte im Bereich Energie der Ausbau der industriellen Kraft-Wärme-Kopplung mit einer GuD-Anlage (Gasturbine mit Dampferzeugung). Von dem eigentlichen Ziel einer 25 prozentigen CO2- Minderung bis 2010 ist die Stadt Freiburg hingegen noch weit entfernt.
In Ihrem Schreiben bleiben Sie eine Antwort auf die entscheidende Frage schuldig, wie denn in den kommenden Jahren eine signifikante CO2-Minderung erreicht werden soll. In den nächsten vier Jahren eine 20 prozentige CO2- Minderung zu erreichen, ist mit den von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen kaum zu verwirklichen. Umso wichtiger sind jetzt konkrete Schritte, die für die nächsten Jahre verdeutlichen, wie die Stadt der Umsetzung der eigenen klimapolitischen Beschlüsse näher kommen will und wo die Schwerpunkte gesetzt werden sollen.
Ihre Antwort bestärkt uns in der Einschätzung, dass dem Klima- und Umweltschutz in der Stadt Freiburg nicht die notwendige politische Priorität zukommt. Die Verweise auf die finanzielle Lage der Stadt, Ihr Hinweis auf die laufenden Projekte und auf ein neues Klimaschutzgutachten, das die Stadt in Auftrag gegeben hat, vermitteln eher den Eindruck von politischer Hilflosigkeit. Ein klarer Gestaltungswille im Hinblick auf eine effektive Klimaschutzpolitik der Stadt Freiburg ist aus Ihrer Antwort leider nicht herauszulesen.
Unter Beibehaltung Ihres derzeitigen energiepolitischen Kurses ist die Verfehlung aller klimapolitischen Ziele der Stadt Freiburg so sicher wie das Amen in der Kirche. Das Klimabündnis fordert Sie deshalb auf, den Klima- und Umweltschutz zu einem Schwerpunkt Ihrer politischen Arbeit zu machen. Sicherlich kann die Stadt auch einige gelungene Projekte vorweisen, doch Freiburg ist auf gutem Wege, seinen guten Ruf als ökologisch orientierte Stadt zu verlieren. Wir erwarten von einem grünen Oberbürgermeister deutlich weitergehende Akzente in diesem Bereich.
Im Vergleich zu anderen Städten sind die finanziellen Mittel, die in Klimaschutzmaßnahmen fließen, keineswegs überdurchschnittlich. Wir dürfen an dieser Stelle auf einen zentralen Punkt unserer Forderungen, die Sanierung des Altbaubestands hinweisen. Das Förderprogramm zur Altbausanierung wurde auf einen Betrag von 300.000 Euro pro Jahr reduziert, womit nur 80 bis 85 Vorhaben gefördert werden können. Angesichts eines Wohngebäudebestands von 24.000 Einheiten, der zum großen Teil aus Altbauten besteht, ist das nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Im Vergleich hierzu stellte die Stadt Hannover im vergangenen Jahr allein für die Altbausanierung umgerechnet auf Freiburger Verhältnisse 800.000 Euro an Fördergeldern zur Verfügung.
Welche unbedeutende Position die Klimaschutzpolitik in der Stadt einnimmt, zeigt sich am besten in dem Verhältnis der Geldströme, die im Zusammenhang mit dem Energiegeschäft in die Kassen der Stadt Freiburg fließen.
Da wäre zunächst mal der anteilige Gewinn aus dem Energiegeschäft, den die Stadt Freiburg über ihren Kapitalanteil an der badenova einnimmt. Dieser betrug im Jahr 2005 21 Mio. Euro. Neben diesem Betrag erhält die Stadt Freiburg aus jeder verkauften kWh Strom und Gas von badenova eine Konzessionsabgabe. Je mehr Energie verbraucht wird, desto höher steigt die Konzessionsabgabe. Pro Jahr sind dies nochmals rund 20 Mio. Euro, die in die Stadtkasse fließen.
Wenn der Stadt der Klimaschutz wichtig ist, warum werden dann nicht zumindest zehn Prozent der Einnahmen aus dem Energiegeschäft für den Klimaschutz eingesetzt?
Darüber hinaus muss sich die Stadt auch verstärkt für eine Erweiterung der Geschäftstätigkeit der badenova im Bereich der Energieeffizienz einsetzen.
Die badenova hat zwar einiges unternommen, um sich ein grünes Image zu geben und um den Erwartungen der Gruppe der umweltbewussten Verbraucher entgegen zu kommen. Das Regiostromangebot, ein BHKW-Förderprogramm zum Zwecke der Kundenbindung sowie der Innovationsfonds sind die wichtigsten Maßnahmen, die vor allem der Imagepflege des Unternehmens dienen.
Ein Interesse an einer nennenswerten Steigerung der Energieeffizienz, ohne die eine merkliche Reduktion der Emissionen im Haushalts-, Gewerbe und Industriebereich nicht zu erzielen ist, ist jedoch nicht zu erkennen. Als Aufsichtsratschef der badenova sind Sie aufgefordert, so auf die Unternehmenspolitik einzuwirken, dass die Unternehmensgrundsätze von Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung sowie Klima- und Wasserschutz nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch umgesetzt werden.
Nicht zuletzt können Sie auch auf die städtischen Betriebe und die Verwaltungen einwirken Klima- und Umweltschutz auch wirklich umzusetzen. Unerklärlich ist es z.B., warum in der Stadt Freiburg der seit fünf Jahren fällige Bericht über den Energieverbrauch und die Klimaemissionen der öffentlichen Gebäude nicht erstellt und publiziert wird. Begründet wird dies von städtischer Seite mit Problemen bei der Umstellung der Datenverarbeitung. Doch wie kann denn das Controlling für den Energieverbrauch der öffentlichen Gebäude funktionieren, wenn die Daten für die Gebäude nicht zeitnah verfügbar sind? Für was wurde dann bei der Stadtverwaltung eine eigene Abteilung für Energie- und Gebäudemanagement eingerichtet, wenn nicht für diesen Zweck?
Kann es sich die Stadt Freiburg leisten, bei den gegenwärtigen Energiepreisen Einsparpotentiale ungenutzt zu lassen? Auch die Entscheidung, die Mittel für Schulungen wie das „Nichtinvestive Energiesparen an Freiburger Schulen“ zu streichen, ist kaum nachvollziehbar, wäre doch ein Verstärkung der Schulungen in den kommunalen Einrichtungen notwendig, um das vorhandene
Einsparpotential zu erschließen.
Nicht zuletzt ist ein politischer Dialog notwendig, der die Öffentlichkeit auf die Chancen aufmerksam macht, die durch die verstärkten Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen entstehen. Hier gilt es ein Klima zu schaffen, das es Bürgern und Wirtschaft leicht macht, ihre Ideen für eine Energiewende einzubringen – und sie nicht behindert bzw. ignoriert.
Herr Dr. Salomon wir freuen uns auf Ihr zukünftig stärkeres klimapolitisches Engagement und stehen zum intensiven Dialog über die notwendigen nächsten Schritte gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Björn Slawik
Klimabündnis Freiburg